Sonntag, 04.10.2015. Heraklion gegen Chania ... oder auch nicht. Diese Woche soll vor allem durch eine Ausweitung unseres Erkundungsradius geprägt werden. Die Sehenswürdigkeiten in Chania sind ja nun mittlerweile zum Großteil abgehakt. Für den Sonntag steht ein Treffen mit den ERASMUS-Studenten aus Heraklion, der Hauptstadt Kretas, an. Diesmal brauchen wir neben dem Minibus ein zweites Auto, weil unsere Gruppe wieder etwas größer geworden ist. Der Treffpunkt: Kournas-Lake in der Nähe von Rethymno, die drittgrößte Stadt der Insel zwischen Chania und Heraklion. Der Kournas-Lake ist der einzige natürliche Süßwassersee auf Kreta und deshalb ein beliebtes Ausflugsziel. Auf dem Tagesplan stehen Tretbootfahren, nach Schildkröten suchen und ein Flunkyball-Wettkampf gegen die Studenten aus Heraklion. Die Gruppe aus Heraklion besteht aus viel mehr Personen als unsere Gruppe. Sie kommen aus allen möglichen Ländern der Europäischen Union. Es gibt sogar eine Studentin aus der Türkei, mit der Sercan versucht Kontakt aufzunehmen, diesen jedoch gleich wieder abbrechen muss, da sich ihr Tretboot zu weit von unserem entfernt hat. Allgemein stellen sich die Studenten aus Heraklion als wenig kontaktfreudig heraus ... bis auf wenige Ausnahmen. Die Tretbootfahrt entwickelt sich in eine Wasserschlacht und am Ende verbingen einige Leute, mich eingeschlossen, mehr Zeit im Wasser als auf dem Boot. Schildkröten bekommen wir, wahrscheinlich auf Grund der großen Anzahl an Booten, nicht zu Gesicht.
Nach dem Wasserspaß fordern wir die Heraklioner zum Flunkyball heraus. Leider sind nur zwei der großen Gruppe offen unserem Wettkampf beizuwohnen und so mischen wir die Beiden einfach in zwei Chania-Teams ein. Am Tag zuvor gab es wohl eine große Party in Heraklion, weswegen alle etwas zu müde sind. Anschließend gibt es noch ein gemeinsames Essen und danach verlassen wir den Kournas-Lake indem wir mit unseren gemieteten Autos dem großen Reisebus aus Heraklion folgen.
In Rethymnon angekommen wird es etwas chaotisch. Der Bus findet schnell eine freie Lücke auf dem Busparkplatz. Die Zufahrt für normale Fahrzeuge ist nicht gestattet, weshalb wir noch einige Zeit durch die engen Gassen der Stadt kurven auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz. Dabei muss man wissen, dass ich zwar ein guter Autofahrer bin aber absolut nicht einparken kann ... vor allem nicht mit einem Minibus. So fallen also schonmal alle Parklücken längs zur Fahrtrichtung weg. Glücklicherweise finden wir am Ende einen großen Parkplatz. Leider hatten die Heraklioner wenig Verständnis für mein Parkverhalten und sind schon ohne uns ins Stadtgetümmel aufgebrochen. Wir finden sie leider nicht wieder und machen uns auf den Weg die Stadt zu erkunden. Zunächst fällt da natürlich die Fortezza auf. Eine große venezianische Festung trohnt auf einem Hügel über der Stadt. Der Eintritt für Studenten ist frei. Doch neben einem großen Haufen alter Steine, ein paar alten Kanonen und einer leerstehenden Moschee gibt es nicht viel zu sehen. Wir sind froh dafür keinen Eintritt bezahlt zu haben und suchen die kleinen Gassen der Stadt auf. Die meißte Zeit verbringen wir schließlich in einem Supermarkt (ja, der hatte sogar Sonntags auf) für ein paar Snacks und Getränke. Viel mehr bekommen wir dann auch nicht wirklich zu sehen, bevor wir die Rückreise antreten. Am Ende des Tages muss ich sagen, dass mir Chania doch um einiges besser gefällt als Rethymno. Ich habe jedoch gehört, dass das Nachtleben in Rethymnon sehr zu empfehlen sei. Wir müssen also irgendwann nocheinmal herkommen.
Donerstag, 08.10.2015. Eine Gitarre für fünf Ouzo. Nach einem anstrengenden Unitag treffen wir uns häufig auf der Mauer. So steht auch ein Hangout für diesen Donnerstag an. Doch zuvor hatte ich in der Facebookgruppe "Things for sale or wanted Chania" etwas Interessantes gefunden: Eine Gitarre für 60 Euro.
Dazu eine kleine Vorgeschichte: Meine Eltern sind oft mit mir und meinen Schwestern in den Urlaub geflogen und in den letzten Urlauben, bei denen ich dabei sein durfte, wollte ich stets meine Gitarre mitnehmen. Das war immer etwas kompliziert, da sie manchmal als Sperrgepäck aufgegeben werden musste und manchmal einfach als Handgepäck durchging. Am Ende hatte ich sie im Urlaub meist gar nicht weiter benutzt. Mein Vater meinte am Ende immer: "Zum Glück haben wir die Gitarre mitgenommen!", was natürlich Ironie war. Als es also ans Packen für Chania ging, dachte ich auch darüber nach die Gitarre mitzunehmen, beschloss letzlich jedoch das Extrageld dafür nicht zu bezahlen und das Teil daheim zu lassen. Kaum hatte ich mich hier eingelebt fehlte sie mir. Ich dachte darüber nach wie schön es wäre auf der Mauer Gitarre zu spielen. Also hielt ich Ausschau nach einem günstigen Modell. Im städtischen Musikgeschäft war die billigste No-Name-Gitarre 80€ teuer und auch sonst fand ich niemanden, der seine alte Gitarre loswerden wollte. Bis ich jenes Angebot auf Facebook fand.
Ich vereinbare also ein Treffen mit der Vorbesitzerin Maria. Sie wohnt natürlich am anderen Ende der Stadt doch den Fußweg nehme ich auf mich. Der Weg ist nett und führt mich die ganze Zeit am Strand entlang. Nach einer Stunde bin ich am Ziel und werde bereits erwartet. Die Gitarre ist in einem guten Zustand (nur die hohe E-Saite ist gerissen) und hat angeblich neuwertig 300 € gekostet. Ich wollte mich vorher darüber informieren, konnte aber das Modell im Internet nicht finden. Auch der Markenname war mir nicht bekannt. Ich beschließe Maria zu glauben und versuche deshalb nicht weiter zu verhandeln. Glücklich über die neue Errungenschaft trete ich den Rückweg an und erreiche nach gut 50 Minuten die Mauer. Alle Anderen sind schon da und brechen in Jubel aus, als sie die Gitarre erspähen. Anschließend singen wir zusammen und schöpfen jedermans Gitarren-Liedrepertoire aus. Es wird spät und alle beschließen schließlich heimzugehen. Auf dem Weg in Richtung Hafen passieren wir das Café des Segelclubs. Es hat bereits geschlossen doch drei ältere Herren und eine junge Frau sitzen noch davor. Sie sehen die Gitarre und fordern ein Lied. Daraufhin singen wir die Klassiker: Zombie, Knocking on Heavens Door und 99 Luftballons. Einer der Männer ist der Chef des Cafés und spendiert uns daraufhin eine Runde Ouzo. Ein Anderer ist professioneller Gitarrist und zeigt uns anschließend wie man richtig Gitarre spielt. Er spielt oft in den Restaurants und Bars im Hafen traditionelle griechische Musik. Er entdeckt natürlich schnell die fehlende E-Saite und verspricht mir einen Satz Saiten im Café zu hinterlegen. Ich lehne höflich ab doch er besteht darauf. Am nächsten Tag liegen sie tatsächlich für mich bereit und es sind nicht etwa die Billigen sondern die guten Versilberten.
Freitag, 09.10.2015. Vom Dach ins Getümmel. Freitag ist Partytag und deshalb treffen wir uns am frühen Abend auf dem Dach von Dominika und Patrycja. Sie wohnen in einem Apartmentgebäude in der Nähe des Stadtzentrums. Das Flachdach ist perfekt für kleine Parties geeignet und bietet nebenbei noch eine nette Aussicht auf die Berge am Horizont und die Stadt. Nach ein paar Bier kommt jemand auf die Idee ein kleines Spiel zu spielen. Jeder schreibt das komplizierteste Wort, das ihm in seiner Landessprache einfällt, auf ein Blatt Papier. Alle anderen müssen es laut vorlesen. Wer es am besten hinbekommt hat gewonnen. Als Vertreter der deutschen Sprache wähle ich das Wort: "Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän". Die Anderen sind beeindruckt von der Länge des Wortes und von den drei aufeinanderfolgenden 'f's.
Das richtige Programm geht jedoch eigentlich erst ein paar Stunden später los. Die Radiostation veranstaltet nämlich eine Party in der Universitäts-Cafeteria. Diese Party wurde uns von einigen Leuten empfohlen. Andere meinten jedoch, dass sie die Parties der Radiostation hassen. Hier scheiden sich also die Geister, weswegen wir uns unsere eigene Meinung bilden wollen. Die Musik ist laut, die Preise für Getränke hoch und die Cafeteria rammelvoll. Man verliert sich in der Menge und findet sich wieder. Man hat draußen ein paar nette Gespräche mit griechischen Studenten und das Gefühl sich endlich besser integriert zu haben. Dennoch bleiben wir ERASMUS-Studenten auch hier die meißte Zeit unter uns ... außer eine Person, die auf der Tanzfläche einen griechischen Studenten etwas näher kennengelernt hat ... mehr wird an dieser Stelle aber nicht verraten ;)
Samstag, 10.10.2015. Rakifest. Am Nachmittag ereilt mich auf Facebook eine Nachricht, dass heute das alljährliche Rakifest im Hafen stattfindet. Raki bzw. Tsipouro ist soetwas wie das Nationalgetränk auf Kreta. Im Restaurant bekommt man häufig ein kleines Fläschchen voll davon, während man sich in Deutschland ja meist nur mit einem Glas Supermarkt-Ouzo zufrieden geben muss. Marica und ich verabreden uns im Hafen, gehen auf ihren Wunsch italienisch essen und mischen uns anschließend unters Volk. Auf einer Bühne tanzen Männer und Frauen in Trachten traditionelle kretische Tänze. Auf der anderen Seite des Festplatzes kann man bei der Rakiproduktion zusehen und das Resultat probieren. Die Atmosphäre ist super. Alle stehen beisammen, trinken Raki und sind fröhlich.
Sonntag, 11.10.2015. Eeeeeh ab in den Süüüüüden. Heute treffen wir uns wieder zeitig an der obligatorischen Autovermietung: Tellus Car Rental. An dieser Stelle kann ich ja gern mal ein bisschen Werbung dafür machen, da wir hier bis jetzt wirklich immer einen guten Service und super Autos bekommen haben. Diesmal ohne den obligatorischen Minibus, dafür aber mit 5 Fiat Pandas. Die Kolonne setzt sich in Bewegung und trifft sich mit großen Zeitdifferenzen am Strand von Elafonissi wieder. Es gibt nämlich zwei Straßen um dorthin zu kommen. Der Weg an der Westküste entlang soll zwar wunderschön sein, ist aber um einiges länger. Während der Weg durch die Berge, bzw. einen ziemlich beeindruckenden Canyon, kürzer und meiner Meinung nach ebenso sehenswert ist. Der Strand von Elafonissi ist groß und wunderschön. Es sind kaum Felsen im Wasser und überall ist Sand. Nur im flachen Wasser findet man Kies und viele Muscheln: Perfekt um ein Paar Andenken zu sammeln. Wir veranstalten ein Sand-Burg-Wettbauen, Mädchen gegen Jungs (Anstelle von Burgen entstanden dann jedoch ein Krokodil im Maßstab 1:1 und die Pyramide von Gizeh (nicht 1:1)) und springen durch die hohen Wellen, denn es weht ein straffer Wind. Später beim Strandfußball fällt dieser besonders auf, da immer die Seite verliert, die gegen den Wind spielen muss.