Auf der Suche

25.09.2015 14:55

 

Dieser und möglicherweise auch die nächsten Blogeinträge werden etwas anders aufgebaut sein, als die bisherigen. Der Grund ist, dass nicht jeden Tag wirklich mega spannende Dinge passieren, die exakt dokumentiert werden müssen. Natürlich ist jeder Tag hier großartig und verdient es erwähnt zu werden, aber ich möchte bei den wirklich - meiner Meinung nach - interessanten Themen bleiben. Die zweite Woche in Chania neigt sich nun dem Ende und war geprägt vom Suchen nach verschiedenen Dingen. Wenn man irgendwo neu ist, bleibt einem ja nichts anderes übrig als zu suchen und zu finden. Es dauert schließlich ein Stück bis man sich zurechtfindet. Als Fazit dieser zweiten Woche, kann ich sagen, dass ich mich nun schon ziemlich gut zurechtfinde.

Die Suche nach dem Deutschen. Es ist wohl nicht nur ein Vorurteil, dass Deutsche tierisch darauf abgehen, vor allem im Urlaub, andere Deutsche zu treffen. Man freut sich über jedes deutsche Wort, das man irgendwo findet oder allgemein über alles, das einem vertraut vorkommt. Selbst ich, der ich absolut kein Nationalist bin, erwische mich mit diesem Verhalten. Die Linienbusse sind allesamt deutsche Produktion: Mercedes und die übliche Beschilderung "Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen!". Die Wenigsten hier werden das übersetzen können aber selbst wenn, würde es hier keinen Interessieren. Der Fahrer telefoniert sowieso ununterbrochen mit seinen Kumpels oder hat das Radio volle Pulle aufgedreht. In der Souvlakibude wird sogar deutsche Bundesliga geschaut ... von Einheimischen. Und nicht etwas die erste Bundesliga sondern ein Spiel aus der zweiten: Leipzig gegen Freiburg.

Am Dienstag, den 22.09.2015, treffe ich mich mit Sercan, Dominika und Patrycja an der zentralen Busstation um den Botanischen Park von Chania zu besichtigen. Es liegt sehr weit außerhalb der Stadt, schon halb im Gebirge. Der Bus bringt uns sicher rauf und lässt uns am Eingang des Parks raus. Die Rezeption ist auch gleichzeitig Restaurant und uns wird schnell klar, dass der Busplan es vorsieht, hier nach dem Spaziergang durch den Park etwas essen gehen zu müssen! Man braucht 2 Stunden für den Park und hat 3,5 Stunden Zeit, bis der Bus für den Rückweg kommt. Der Park lohnt sich wirklich sehr, von den Obstbäumen und Kräutern naschen ist verboten ... wir kosten trotzdem alles, in der Hoffnung es bringt uns nicht um und achten darauf, Früchte vom Boden zu nehmen. Neben Apfel- und Pflaumenbäumen gibt es alles was man sich so vorstellen kann. Granatäpfel, Orangen, Bananenpalmen, Walnuss-, Haselnuss und Macadamiabäume, Erdbeeren, Wein, Avocado, Kürbis und vieles mehr. Neben den Obstbäumen gibt es auch noch viele andere Pflanzen die gewissenhaft beschriftet sind. Es gibt sogar einen kleinen Streichelzoo. Das Schwein, das hier leben soll, können wir jedoch nicht finden. Kommen wir zum Thema zurück. Neben uns sind hier auch noch zwei eindeutig deutsche Mädels, schätzungweise in meinem Alter. Natürlich quatsche ich sie an und wiedermal entpuppt sich die Welt als Dorf. Sie kommen aus Dresden und haben wie ich an der TU studiert. Sie machen hier Urlaub und wollen noch ein paar Tage in Chania bleiben.

Die Suche nach noch mehr Freunden. In dieser Woche habe ich sehr viele neue Leute getroffen. Da ist zum Beispiel Paolo, ERASMUS-Mundus-Student von den Phillipinen, Federica, ERASMUS-Studentin aus Italien und Stefania, ESN-Koordinatorin wie Alexandra (ESN = ERASMUS-Student-Network). Am Mittwoch besuchen wir die Einführungsveranstaltung für den Englischkurs an der Universität. Die Lehrerin stellt uns als ERASMUS-Studenten den griechischen Studenten gesondert vor, was dazu führt, dass nach der Veranstaltung eine Traube von Menschen um uns herumsteht und Löcher in den Bauch fragt. Die Studenten hier sind sehr offen, geben einem direkt die Hand und stellen sich vor. Ich weiß nicht, ob das in Deutschland auch so wäre. Wir verabschieden uns schließlich von den neuen Facebookfreunden und laden sie zu unseren Hangouts ein.

Die Suche nach dem Bus. Dieser Absatz ist dafür da, um meinen Frust über das Bussystem hier rauszulassen. Sercan und ich warten über eine Stunde, bis endlich ein Bus kommt, der uns von der Uni in die Stadt mitnimmt. Es gibt keine Anzeigetafeln wie in Dresden. Es gibt aber auch nicht mal einen analogen Busplan. Man stellt sich an die Haltestelle und hofft, dass irgendwann mal ein Bus kommt. Mittlerweile haben wir erfahren, dass man auch den Bus in die Gegenrichtung nehmen kann und auch muss, da er manchmal am Ziel nicht umdreht sondern einen Kreis fährt, sodass der Rückweg nicht an der Uni vorbeiführt. Ansonsten fühlt sich der Bus zur Uni ungefähr so an wie die 61 in Dresden während des Semesters. Stehplätze sind rar. Und wenn der Bus voll ist, hält er auch nicht. Die Station an der ich einsteige, befindet sich schon relativ weit weg vom Stadtzentrum, so dass heute zwei volle Busse an mir vorbeigefahren sind, bis im dritten zum Glück noch ein wenig Platz für mich war. In Zukunft laufe ich vielleicht besser zum Agora Square und steige in die noch leeren Busse ein. Übrigens ist das Studententicket hier in Chania noch nicht mit dem Busunternehmen ausgehandelt. Im Moment muss man für jede Strecke ein Ticket lösen. Als Student zahlt man dafür 80 Cent. 

Die Suche nach Insekten. Meine größte Angst vor einer Erdgeschosswohnung war, dass einem sicher viele Insekten auf die Nerven gehen werden. Die Angst war begründet. Neben der Kakerlake vor meiner Haustür gab es mittlerweile noch eine weitere Kakerlake, auf dem Rücken liegend, in meinem Schlafzimmer. Keine Ahnung woher sie kam oder warum sie auf dem Rücken lag. Alle Fenster und Türen sind mit sehr feinmaschigen Insektenschutznetzen ausgestattet aber offensichtlich gibt es immernoch irgendwo ein Schlupfloch. Zur Zeit findet dann noch eine regelrechte Spinnvasion statt. Ja ich weiß, Spinnen sind keine Insekten. Das passt trotzdem gut in diese Rubrik. Am Anfang war da eine Spinne. Mittlerweile sind sie überall. Eine Spinne habe ich direkt nach draussen befördert, da sie bereits einen großen Eiersack in ihr Netz neben meinem Bett platziert hat. Wenn ich nicht bald mal Zeit finde alle Spinnen wegzusaugen, wird deren Population noch irgendwann explodieren ... wenn sie doch wenigstens die Kakerlaken oder Mücken auffressen würden.

Die Suche nach dem Unterschied. Mittwoch Abend treffen wir uns für einen kleinen Hangout auf der Hafenmauer. Genauer gesagt, befindet sich auf der Mauer ein stillgelegtes Restaurant, auf dessen Dach eine Treppe führt und von wo aus man prima über den ganzen Hafen schauen kann. Der perfeke Ort für kleine Partys. Wie bereits erwähnt, ist es Mittwoch: offizieller Semesterbeginn. Wir haben unseren Hangout also in der ERASMUS-Gruppe in Facebook beworben um mehr Studenten in unseren Kreis zu integrieren. Und siehe da, zwei Pärchen gesellen sich zu uns. Thomas, Veronika, Thomas und Petra, alle vier aus der Tschechischen Republik. Vermutlich das häufigste Thema an diesem Abend wird es sein, sich über Unterschiede in den Ländern auszutauschen. Was kostet das in Deutschland? Und in der Türkei? Was haltet ihr von Flüchtlingen in Polen? Mögt ihr in Tschechien Angela Merkel? Unsere Unterschiede sorgen für ordentlich viel Gesprächsstoff. Und genau diese Vielfalt macht doch Europa bzw. die Menschheit allgemein zu dem was es/sie ist. 

Heute Abend ist Raki-Nacht. Also wird wohl morgen erstmal ausgeschlafen!



27.09.2015 18:58 von Katharina
Tolle Berichte. Weiter so :-)
25.09.2015 22:10 von marianne
kakerlaken sterben auf dem rücken liegend. meistens vermultich weil gift gespritzt wurde, damit touristen sich nicht ekeln...
25.09.2015 20:16 von Caro
Schön, dass du komplett dasselbe Bussystem, wie wir in Mendoza, hast. Und schön, dass du darüber genauso gefrustet bist, wie ich ;)
25.09.2015 20:16 von Caro
Schön, dass du komplett dasselbe Bussystem, wie wir in Mendoza, hast. Und schön, dass du darüber genauso gefrustet bist, wie ich ;)
25.09.2015 16:09 von O&O
Es ist wunderbar, daß deine Suche nach Freunden so positiv ausgegangen ist (im Vergleich zu manch anderer Suche). Wir danken, dass wir an deinen Erlebnissen teilhaben dürfen. - Übrigens: dein Kakerlak war bestmmt ein sog. Rückenschläfer. Die gibt es ja bei uns auch.