Agora Square

21.09.2015 09:26

 

Freitag, 18.09.2015. Heute treffen Sercan und ich Alexandra. Sie schreibt mir, dass wir zum Agora Square kommen sollen. Wir inspizieren also unsere Karten und Google Maps, können jedoch den Agora Square nirgends finden. Also schreibe ich Alexandra, ob wir uns nicht vor der Markthalle treffen können. Geschichts- und Griechischkenner ahnen jetzt vielleicht schon, dass Agora und Markthalle möglicherweise identisch sein könnten. Plötzlich sticht mir der Agorastaki Park ins Auge und kurzerhand ändern wir den Treffpunkt zu diesem.

Alexandra kommt und erklärt uns schießlich, dass Agora tatsächlich die Markthalle ist ... hätte man sich denken können. Sie führt Sercan und mich in einen größeren Park mit einem netten Café. Wir reden viel über das Leben in Chania und wie die Uni funktioniert und erfahren unter anderem, dass wir eventuell kostenlose Vodafon-Karten fürs Handy bekommen. Es gibt außerdem überall Studentenrabatte. In dem Cafe, in dem wir sitzen, beispielsweise, kostet jedes Getränk für Studenten nur 2 € statt 3 €, 4 € oder mehr. Da Alexandra noch viel zu tun hat, verabschieden wir uns von ihr und bummeln durch die Stadt.

Sercan kauft sich eine Badehose und den Rest des Tages verbringen wir am gleichen Strand, an dem ich auch gestern schon war. Sercan hat ein paar Bedenken. Er möchte sein Zeug nicht unbeaufsichtigt am Strand liegen lassen. Ich erkläre ihm in einem Reiseführer gelesen zu haben, dass Kreta eine sehr viel niedrigere Diebstahlquote hat als viele andere Orte in Europa.

Gegen Abend nimmt Sercan den Bus zu seiner mitten im Nirgendwo liegenden Wohnung. Während ich mich gerade auf den Heimweg begeben will, stolpere ich auf dem Agora Square über eine große Ansammlung junger Menschen. Ich bleibe stehen, bekomme einen Zettel in die Hand gedrückt und realisiere, dass es sich um eine Demonstraion handelt. Sonntag werden nämlich die nationalen Wahlen stattfinden. Nachdem sich der Demonstrationszug in Bewegung setzt und freudig Parolen auf griechisch brüllt, frage ich einen der Demonstranten, was denn der Anlass dieser Demonstration ist. Er antwortet mir, dass sie das Büro der Goldenen Morgenröte angreifen wollen. Die Goldene Morgenröte ist eine neonazistische Partei in Griechenland. Heute vor genau 2 Jahren wurde Pavlos Fyssas, ein antifaschistischer Rapper, in Athen im Namen der Goldenen Morgenröte ermordet. Ich denke mir, dass das ein guter Grund für eine anti-Nazi-Demo ist und schließe mich kurzer Hand an. Hin und wieder frage ich nach, was all die Parolen bedeuten. Zum Mitgröhlen reichen meine Griechischkentnisse noch nicht aus. Mir fallen viele vermummte Personen unter den Demonstranten auf. Teilweise tragen sie sogar Motorradhelme. Das wäre ein no-go in Deutschland. Außerdem fällt mir auf, dass keinerlei Polizei in der Nähe des Demonstratonszuges ist. Ein anderer Demonstrant erzählt mir, dass die Polizei bereits am Büro der Goldenen Morgenröte wartet um dieses zu schützen. Während wir laufen rennen immer wieder kleinere Gruppen der Vermummten die Straße entlang und sprayen Parolen an Hauswände und sogar an Schaufensterscheiben.

Unbeabsichtigt lasse ich mich etwas zurückfallen und lande im hinteren Teil der Demonstration. Wir laufen an einer Straße vorbei, in der sehr viel Polizei steht. Die Polizisten tragen volle Montur, große Plastikschilde und sogar Gasmasken. Dort muss das Büro sein, denke ich mir. Und während ich das denke fliegen schon die ersten bengalischen Feuer an mir vorbei in Richtung Polizei. Ich gehe zur Seite und die Situation eskaliert. Demonstranten schütten ihre Rucksäcke aus und ich traue meinen Augen nicht. Die sind gefüllt mit Pflastersteinen. Während die ersten Steine in Richtung Polizei fliegen, kann ich mich gerade noch hinter eine Säule retten. Die Ladenbesitzer schließen die Türen und kurbeln die Markisen runter. Die Straße ist eingehüllt in dichten Rauch und "Zivilisten" rennen aus der Schussbahn. Dann rücken die Polizisten mit gezogenen Knüppeln in Richtung der Demonstranten vor und wehren gekonnt alle Steine mit ihren Schilden ab. Was anschließend noch passiert bekomme ich nicht mehr mit, da ich mittlerweile hinter der Polizei bin. Später versuche ich den Demonstrationszug wiederzufinden doch habe dabei keinen Erfolg. 

Das Fazit meiner ersten griechischen Demo: In Dresden werden für eine Antifa-Demo tausende Polizisten mobilisiert und es fliegt kein Stein, kein Bengalo und alles ist friedlich. In Griechenland werden 30 Polizisten eingesetzt um wirklich aggressive Demonstranten in Zaum zu halten. Verletzt wurde soweit ich das beurteilen kann niemand. Ein paar Autos haben nun ein paar Dellen mehr im Blech.

Samstag und Sonntag, 19./20.09.2015. Am Samstagabend habe ich mich mit Patrycja und Dominika verabredet. Der Treffpunkt? Ein Monument an der Iroon Politechniou - Straße. Pünktlich um 8 warte ich dort doch niemand kommt. Patrycja schreibt mir, dass sie da sind und auf mich warten. Ich laufe also die Straße entlang und tatsächlich: am anderen Ende der Straße ist ein zweites Monument. Wer ahnt denn sowas? Während wir am Strand entlang spazieren treffen wir noch Simona, ERASMUS-Doktorantin aus der Slovakei. Sie ist schon seit einem Jahr hier und kann uns viel erzählen. Vor allem erzählt sie uns, dass das Wintersemester hier auf Grund des schlechten Wetters totally sucks, also gelinde ausgedrückt: nicht so toll ist. Patrycja und Dominika sind Zwillingsschwestern und sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Ich hoffe es passiert mir nicht oft, dass ich die Namen vertausche. Sie studieren Geodäsie in Breslau, also gar nicht so weit weg von Dresden. Sie laden mich direkt ein sie dort irgendwann mal zu besuchen. Wir kaufen uns Bier, setzen uns an den Strand, quatschen über Gott und die Welt und lachen viel.

Der Sonntag sieht nicht groß anders aus. Wir treffen uns diesmal pünktlich zur Mittagszeit, diesmal an meinem Monument, um gemeinsam an den großen Strand zu gehen. Auf dem Weg dorthin sammeln die Zwillinge und ich noch Sercan auf. Das Wasser ist warm, doch der Boden relativ steinig. Am Abend kaufen wir uns Honigliquör und Raki und setzen uns auf den steinernen Steg zum Leuchtturm. Drei Griechen gesellen sich zu uns und stoßen mit uns an. Für morgen planen wir ein Auto zu mieten doch wollen erst abwarten, wie das Wetter wird. Im Internet lese ich, dass es gewittern soll.



24.09.2015 00:38 von martin
hi robb, coole sache, der blog. auch von mir weiterhin viel spaß, keep on blogging!
22.09.2015 14:53 von Robert
Tatsächlich ist das keine Mikrowelle, sondern ein kleiner Ofen. Ich hab je einen Drehknopf für die Herdplatten und einen für den Ofen!
22.09.2015 03:50 von Lisa
Musst du zum Herdplattenerhitzen die Mikrowelle anmachen? ;)
21.09.2015 09:48 von Hannes
Schöner Bericht, viel Spaß weiterhin!