Montag, 14.09.2015. Es ist ein trüber Tag in Dunkeldeutschland. Oma und Opa helfen mir bei den letzten Reisevorbereitungen, der Rest der Familie ist ausser Haus und verabschiedete sich bereits am frühen Morgen von mir. 11 Uhr bin ich pünktlich am Bahnhof in Oelsnitz und beginne meine Reise. In Werdau steige ich schließlich in den Zug nach Halle um und erreiche den Flughafen nur kurze Zeit später. Mit etwas Verspätung hebt die Condor, gefüllt mit typisch deutschen Touristen, vom Boden ab. Neben mir sitzt ein unsympathisches Pärchen. Ich biete ihnen meinen Fensterplatz trotzdem an. Auf der anderen Seite des Ganges wird ein Junge vor Ohrschmerzen den halben Flug schreien. Also gönne ich mir die Kopfhörer für 3,50 € und genieße den angebotenen Film Kaufhauscop 2. Bis auf in der letzten Szene, konnte man sich jedoch jedes Lachen verkneifen. Mit der sanftesten Landung die ich je erlebt habe, setzt das Flugzeug sicher in Heraklion auf.
Am Förderband lässt mein Koffer natürlich bis ganz zum Schluss auf sich warten. Ich hab ja aber keine wichtigen Termine mehr, von daher ist alles okay. Vor dem Flughafengebäude sehe ich mich offensichtlich auffällig genug um, so dass sofort einige Taxifahrer beginnen mich wie Geier zu umkreisen. Ich Spreche die Gruppe von Raubvögeln an und bitte darum mich zum Hotel zu bringen. Natürlich erwische ich den gerissensten Taxifahrer von ganz Heraklion. Ich frage, wie man das eben so macht, zunächst nach dem Preis! "5 Euro" ... entgegnet er mir. Ein guter Preis für die relativ kurze Strecke. Dennoch hatte ich eigentlich mit 10 € gerechnet. Geld sparen ist nicht verkehrt, also steige ich in das zerbeulte Taxi ein. Er fragt mich wo ich herkomme und ich antworte erfreut darüber, dass er ein Gespräch mit mir beginnen möchte, mit "Γερμανiα". Anschließend beginne ich ihm meine ganze Lebensgeschichte auf deutsch zu erzählen, da er mir versicherte gut deutsch zu sprechen. Nachdem ich ihm erzähle, dass ich in Chania studieren werde antwortet er jedoch nur mit "Da hab ich auch nichts davon!" ... okay er will also kein Gespräch führen. Den Rest der Fahrt schweige ich und denke darüber nach, dass das also die berühmte griechische Gastfreundschaft sein muss. Am Hotel angekommen halte ich ihm einen 10 € - Schein hin und meine, dass es so okay ist. Schließlich hatte ich es so vorher überschlagen. Doch er zeigt sich damit nicht zufrieden und meint plötzlich, dass die Fahrt 12 € kostet. Ich bin etwas verwirrt, gebe ihm 12 € und lass ihn ziehen. Im Nachhinein ist mir klar, dass ich beim deaktivierten Taxameter und den vielen Schrammen am Auto hätte stutzig werden müssen. Das Hotel ist ganz okay für 2 Sterne ... abgesehen davon, dass die Flugzeuge gefühlt 10 Meter über dem Hoteldach fliegen. Dafür ist die Klimaanlage der Hammer.
Dienstag, 15.09.2015. Ich hätte die Klimaanlage vielleicht ausschalten sollen, denn jetzt plagen mich leichte Halsschmerzen. Ich hatte schon öfter gehört, dass Klimaanlagen schnell zu Erkältungen führen, wollte dies aber nie wahrhaben. Mein Tag beginnt mit der Suche nach dem Bus zum Bus. Also erst der Bus ins Stadtzentrum um dann dort den Bus nach Chania zu nehmen. Klingt schwieriger als es ist. Im Bus nach Chania sitzt ein deutsches Pärchen vor mir. Wie wir Deutschen nunmal sind oute ich mich natürlich sofort als Landsmann. Sie verbringen ihre Flitterwochen auf Kreta und zählen mir die sehenswertesten Sehenswürdigkeiten auf. Außerdem philosophieren wir darüber wo Kreta seinen Strom herbezieht. Mittlerweile konnte ich danach googeln und habe folgendes herausgefunden: nach zeit.de verbraucht Kreta ca. 3 GWh pro Jahr und deckt diesen Bedarf mit fossilen Energieträgern wie Diesel und immerhin 18 % Windkraft.
Da ich von Deutschland aus schon eine Wohnung gefunden habe, besitze ich auch die Handynummer des Vermieters. Sein Name ist Julius und ich soll ihm bescheid sagen, wenn ich in Chania bin, dann sammelt er mich auf und bringt mich zur Wohnung. So passiert es dann auch. Er ist sehr freundlich und das genaue Gegenteil vom fiesen Taxifahrer. Er ist offenbar Berufstaucher und hat bereits ein relativ erfolgreiches Fotobuch über Kreta veröffentlicht. Mein Bungalow befindet sich in einem kleinen, grünen Hinterhof. Neben mir wohnen hier noch 3 Hunde, 2 Katzen und Julius' Mutti. Sie spricht etwas Englisch und sichert mir jegliche Unterstützung zu.
Nachdem ich mein Zeug etwas sortiert habe, mache ich mich auf den Weg in die Uni um Elena, die ERASMUS-Koordinatorin zu treffen. ERASMUS ist das Auslandsstudienprogramm, über das ich hier in Kreta studieren werde. Bevor ich mich auf den Weg mache, speicher ich mir natürlich noch die Koordinaten meine Wohnung ins GPS-Gerät ein. An der Bushaltetelle um die Ecke quatscht mich ein Mann voll und ich versuche mich mit ihm auf Grenglisch zu unterhalten. Die paar Sätze, die ich in einem halben Jahr Griechisch gelernt habe zeigen Wirkung: Wir verstehen und halbwegs. Mitten im Gespräch fährt auch schon der Bus an uns vorbei. Der Mann ruft etwas unverständliches, was wohl heißt, dass ich dem Bus hinterherrennen soll. Tatsächlich bekommt das der Fahrer mit und hält ein Stück die Straße hoch an. In Griechenland muss man, auch wenn man an der Bushaltestelle steht, winken oder den Daumen raushalten, dass der Bus hält.
An der Uni frage ich mich zum ERASMUS-Büro durch und verbringe die nächste Stunde dort. Elena macht für mich einen Termin mit Professor Nikos für morgen aus. Empfohlen wird mir auch, mich mit der Studentin Alexandra zu treffen, die wohl für ERASMUS-Studenten zuständig ist. Sie wird mir alles erklären, meint Elena. Am Abend werde ich Alexandra noch eine Email schreiben.
Da ich nicht weiß, wie meine Bushaltestelle heißt beschließe ich zurückzulaufen. An der Hauptstraße ist es nicht so gut wie am Strand, denke ich mir. Also nehme ich den erstbesten Weg Richtung Meer. Der ist lang und ohne jeden Sonnenschutz und endet an einem Stacheldrahtzaun ohne Lücken. Also wieder zurück zur Straße. Laufen auf griechischen Straßen will jedoch gelernt sein. Beim Bergablaufen stolpere ich und schürfe mir das linke Knie auf ... die Apotheke direkt nebenan hat natürlich geschlossen. Irgendwann komme ich halb verbludet ans Meer und kann die Wunde wenigstens mit Salzwasser auswaschen. Später finde ich direkt neben meiner Wohnung eine Apotheke und kaufe ein Desinfektionsmittel. Julius' Mutti gibt mir sogar noch ein paar Pflaster dazu.
Den Tag lasse ich mit einem leckeren Abendbrot ausklingen: Reiswaffeln und Zitronenlimonade.